24. Februar 2022 - Roman Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Familiengeschichten bestehen oft aus Schweigen. Diego Zúñiga lässt in „Camanchaca“ den Wüstennebel sprechen. Ein beeindruckend verstörrender Roman.
Dünnes Buch mit Gewicht
Verglichen mit vielen anderen Büchern kommt der Band „Camanchaca“ schlank daher. Zudem sind die Seiten häufig nur halb beschrieben. Vergeudung? Mitnichten!
Es sind die inhaltsschweren Sätze in diesem Buch, die diesen Platz brauchen, die der Leserin und dem Leser auf diese Weise bewusster werden. Vom Start an geraten wir in eine dichte Atmosphäre, in schwere Schlagseite.
Eine Aufzählung als Start
Der Roman beginnt mit der chronologischen Aufzählung der Fahrzeuge des Vaters des Ich-Erzählers. In einem Halbsatz erscheint unscheinbar das zentrale Thema des Romans: Der Tod von Onkel Neno.
Der 20jährige Ich-Erzähler lebt bei der Mutter. Der Vater lebt getrennt mit eigener Familie. Im Roman sind es meist die Frau und der Sohn oder seine Familie: So bezeichnet sie der Ich-Erzähler.
Strände, die wir nie sehen werden
Der Ich-Erzähler studiert Journalismus und führte Interviews mit der Mutter, in denen sie die Familiengeschichte erzählt. Es ist eine Geschichte von Schuld, von enttäuschten Erwartungen, aber vor allem vom Schweigen. Von den Stränden, die sie nie sehen werden.
Und der Protagonist erzählt vom Vater, der ihm lächelnd auf die Schultern klopft, die Qualität eines Buches an der Stärke des Einbandes bemisst. Es sind Sequenzen aus Gegenwart und Vergangenheit und die Zeitsprünge stören kein bisschen. „Camanchaca“ ist ein verstörrend dichter, atmosphärischer Roman mit bedrückender Tiefe.
Den Roman erhalten Sie direkt beim Berenberg Verlag.
Diego Zúñiga: Camanchaca
Aus dem Spanischen von Luise von Berenberg
Berenberg Verlag 2022