10. Mai 2022 - Erzählungen Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Es ist verblüffend, wie viele Jugend- und Kindheitsgeschichten mit einem Meer verbunden sind. Nicht anders ergeht es dem Nobelpreisträger Le Clézio, der in „Bretonisches Lied“ zwei autobiografische Erzählungen vereint hat.
Bretonisches Lied
Obgleich Le Clézio nicht in der Bretagne geboren wurde, verbindet er mit dieser französischen Region unzählige Kindheitserlebnisse. Hier hat er mit seinen Eltern in den Jahren 1948 bis 1954 die Sommermonate verbracht. Und so entstand eine fast familiäre Verbundenheit zu der Region.
Genauer gesagt, zu Sainte-Marine, einem kleinen Ort, in der die Familie lebte. In seiner ersten Erzählung „Bretonisches Lied“ berichtet uns Le Clézio, auch wenn er dies selbst verneint, anhand seiner Kindheitserlebnisse Eindrücke von dem Land, dem Meer und dieser Zeit.
Das Kind und der Krieg
Die zweite Erzählung spielt zeitlich gesehen vor der ersten. Le Clézio, 1940 in Nizza geboren, berichtet, wie er den Krieg erlebt hat. Die Besetzung durch italienische Soldaten, die erste Bombe.
Es ist aber auch eine Erzählung der Trennung, denn der Vater befand sich in Afrika. Es ist auch eine Erzählung der Erinnerung. So einfach diese kindlichen Erinnerungen auch sind, so einfach belässt es der Autor auch sprachlich.
Ohne Melancholie
Erinnerungen, mit Verlaub, älterer Menschen, vor allem Männer, umweht ein Hauch von Sentimentalität. Ein großes Übel für die Literatur. Doch Le Clézio umschifft diese Hürde mit Einfachheit.
Er belässt es in der Schilderung der Kindheitserinnerung und erspart sich und uns umfassende Bewertungen. So entstehen zwei wunderbare Erzählungen, die uns tief in das Leben der Zeit schauen lassen.
Hier finden Sie das Buch direkt beim Verlag.
J. M. D. Le Clézio: Bretonisches Lied
Zwei Erzählungen
Aus dem Französischen von Uli Wittmann
Kiepenheuer & Witsch 2022