11. Mai 2022 - Hörbuch Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Wer immer nur an andere denkt, kommt selbst zu kurz. Das diese These nicht immer stimmt, erzählt Natascha Wodin in „Nastjas Tränen“. Ausdruckstief vorgetragen von Martina Gedeck.
Von der Sowjetunion bis zur Ukraine
Menschen in Nastjas Alter haben viele Wechselfälle, viele Zeitenwenden, in ihrem Leben durchgemacht. Besonders, wenn man in der Ukraine geboren wurde. Nastja erlebte die Sowjetunion, den Einmarsch der Nazis, die UdSSR, die Öffnung zum Westen und die Unabhängigkeit der Ukraine.
Zeiten-, Wechselfälle der Geschichte, die diese außergewöhnliche Frau geformt aber nicht gebrochen haben. Deren schönste Lebensjahre unabhängig von dem Status des Landes in der Jugend und jungen Erwachsenenzeit lag.
Systemarrangement
Natascha Wodin umgibt die Geschichte von Nastja mit einer Rahmenhandlung, aus der wir immer wieder in die Biografie der Ukrainerin vordringen.
Nastja heiratet in der Ukraine, lebte in einer viel zu kleinen Wohnung und arrangierte sich mit dem System, mit dem das gewaltige Reich der UdSSR durch das Regime überzogen wurde.
Not, Hunger und Freiheit
Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Unabhängigkeit der Ukraine hielt bei Nastja zusammen mit der Freiheit Hunger und Not Einzug. Da war sie schon geschieden, ihre Tochter illegal in die Niederlande eingereist, den Sohn und Nastjas Engel zurücklassend.
Die ausbleibenden Lohnzahlungen zwingen Nastja nach Auswegen zu suchen und sie verlässt ihre Heimat, um Geld in Deutschland zu verdienen. Nastja ist ein selbstloser Mensch. Sie braucht nicht viel zum Leben. Sie arbeitet mal illegal und mal legal als Putzfrau. Ihren Verdienst schickt sie umgehend in die Ukraine zu ihrem Enkel.
Ihre Redlichkeit bleibt nicht unausgenutzt. Natascha Wodin zeichnet ein eindrucksvolles Portrait einer beeindruckenden Frau. Sie meistert die Schicksalsfälle des Lebens auf eine eigene, bescheidene, selbstlose Art. Die Geschichte wird von der ruhigen, ausdrucksstarken, vollen Stimme Martina Gedecks vorgetragen wird. Nicht ohne Grund wurde Martina Gedeck dafür als „Beste Interpretin“ beim Deutschen Hörbuchpreis 2022 ausgezeichnet.
Natasche Wodin: Nastjas Tränen
Gesprochen von Martina Gedeck
Argon Verlag 2021