09. Februar 2022 - Hörbuch Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
22 Tage zu Fuß von München nach Paris: Werner Herzog unternahm diese Reise 1974, um ein Leben zu retten. Zu hören von ihm selbst in „Vom Gehen im Eis“.
Lebensretter auf Schusters Rappen
Ob es heute noch möglich wäre? Ein Fußmarsch von München nach Paris, ganz ohne GPS und Handy? Mitten im Winter zog Werner Herzog aus, um ein Leben in der Hauptstadt von Frankreich zu retten.
So lautete jedenfalls sein Ziel: Seine Reise sollte das Leben von Lotte Eisner retten, die zu der Zeit krank in Paris daniederlag. Nun, Arzt war Herzog nicht aber so etwas Verrücktes wie der geplante Fußmarsch, dass sollte doch eine Krankheit beeindrucken.
Ganz mit sich und seinen Gedanken
Herzogs Hörbuch gleicht einem Tagebuch und entstammt auch einem solchen. Es schildert die Etappen, ist somit zugleich ein Reise-Zeit-Führer. Mehr aber noch sind die Eindrücke wertvoll, die darin geschildert sind und das Seelenleben des Wanderers.
Zu Fuß gehen, und vielleicht haben wir dies bereits verlernt, hilft dabei, sich selbst zu finden. Wandern bringt und an ein Ziel, vor allem aber zu uns selbst.
Ausgezeichnete Beobachtungsgabe
Das Hörbuch kann getrost als Lehrbuch anschaulicher Beschreibungen gelten. Da springt die Einsamkeit den Wanderer an, da dampft die Erde aus ihrem Mittelpunkt heraus, da wird der Hörerin und dem Hörer selber klamm beim Hören des unaufhörlichen Regens. Es ist, als liefe man neben ihm.
Herzog erzählt unaufgeregt, mit Abstand und der Ruhe der Weisheit. Dadurch bleibt er eindringlicher als jede spannungsgeladende Handlung. Authentisch ist es allemal, denn der Autor trägt das Buch selbst mit seiner unverkennbaren Stimme vor.
„Vom Gehen im Eis“ ist ein Hörbuch, das Menschen auf Schusters Rappen treibt, das Lust macht, zu sich selbst zu finden, in dem man wandert. Das Hörbuch weckt die Sehnsucht nach Einsamkeit, nach dem Alleinsein mit seinen Gedanken.
Werner Herzog: Vom Gehen im Eis
Gesprochen von Werner Herzog
Roof Music 2022