16. Juni 2021 - Roman Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Wenn sich Künstliche Intelligenz mit dem Menschen verbindet, muss das nicht per se vorteilhaft sein. Fragen dazu sollten wir vorher klären. Denkanstösse liefert „Singularity“ von Joshua Tree.
Privilegierter Überfluss
Wir befinden uns nicht weit vom Heute. Ende des 21. Jahrhunderts spielt der Roman von Joshua Tree. Es gibt zwei Arten von Menschen: Privilegierte, die dank bester medizinischer Versorgung lange und gesund leben, sowie die Überflüssigen.
James und Adam, zwei der drei Protagonisten, gehören zur letzteren Klasse. Während James sich als Hausdiener verdingt, wird Adam mit anderen Überflüssigen in einem Zug transportiert oder besser verwahrt. James wird mit einer sonderbaren Aufgabe konfrontiert, die zugleich der verbindende Schlüssel zwischen Handlungssträngen ist: Er soll die Tochter von Stuart Furlong finden, deren physische Existenz in die virtuelle Welt aufgegangen zu sein scheint.
Grenzen verschwimmen
Die Themen, die der Autor in diesem Buch anstösst, sind vielfältig. Zum Beispiel das Überflüssigwerden des Menschen durch den Einsatz von Maschinen und von KI. Beim Letzteren verschwimmen sogar die Grenzen von Mensch und Maschine. Wie einfach das geht, ist erschreckend und ist heute vielleicht schon möglich.
Was bleibt an Menschlichkeit?
Wenn wie in „Singularity“ die Grenzen zwischen Menschen und Maschinen verschwimmen, schließt sich die Frage an, was an Menschlichkeit bleibt. Oder auch, wie abhängig werden wir in Zukunft von Maschinen sein? Wie sehr verstärken die technischen Möglichkeiten die sozialen Unterschiede?
Dieses Thema beschäftigt auch Rhea, die dritte Protagonistin mit einem eigenen Handlungsstrang, die auf der Suche nach einer neuen Erde ist.
Großartige Handwerkskunst
Zur interessanten Thematik und einem ausgeklügelten Plot gesellt sich eine großartige Handwerkskunst. Joshua Tree scheint zu spüren, wie literarisch oder simpel die Sprache in welcher Situation sein muss. Er zeichnet feine, authentische Charaktere, die sich nachvollziehbar entwickeln. Die drei Handlungsstränge werden spannend wie emotional angetrieben, dass selbst die häufigen Sprünge zwischen ihnen sich verschmerzen lassen. Ein großartiger Roman über eine nahe Zukunft, bei dem sehr vieles richtig gemacht wurde.
Joshua Tree: Singularity
Fischer Tor 2021
464 Seiten, E-Book