16. März 2021 - Roman Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Wenn die virtuelle Welt und die Realität sich vermengen, kann es kompliziert werden. Und lustig. Matt Ruffs Roman „88 Namen“ schafft den Spagat locker.
Wenn Kim Jong-un Ihr Kunde wird
John Chu ist Sherpa für Online-Rollenspiele wie „Call of Wizardry“. Er levelt die Avatare unerfahrener Spieler hoch oder begleitet sie in das virtuelle Abenteuer.
Das Geschäft läuft gut; John beschäftigt sogar weitere Spielerinnen und Spieler. Als er für einen Spezialauftrag angeheuert wird, winkt das große Geld. Hunderttausend Dollar die Woche will der geheimnisvolle Mr. Jones dafür zahlen, dass John Chu ihn in die Geheimnisse der Online-Rollenspiele einweiht.
Das hohe Honorar und die Geheimniskrämerei um seine Identität machen den Kunden verdächtig. John Chu tippt schließlich auf den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un.
Gamer in ihrem Element
Wer sich ansatzweise in Online-Spielen auskennt, ist bei der Lektüre des Buches im Vorteil. Bedingung ist dies jedoch nicht, um die Handlung zu verstehen. Zudem sind jedem Kapitel Begriffserklärungen vorangestellt, die freilich aus einem imaginären Lexikon stammen.
Matt Ruff führt uns auf witzige und unterhaltsame Weise ins Online-Gamer-Milieu. Gekonnt verwebt Ruff die virtuelle Welt mit der Realität, denn auch Spionagedienste interessieren sich für die Identität von Mr. Jones. Das bringt zusätzliche Würze in die Handlung.
Science-Fiction oder Gegenwart?
Zeitlich liegt Ruff mit „88 Namen“ wohl eher bei Heute als bei Morgen. Der Roman richtet sich nicht nur an Freunde des Online-Spielens, die auch mal ein Buch lesen wollen. Er ist für jene Leserinnen und Leser genauso wertvoll, die in die Welt der digitalen Rollenspiele abtauchen möchten. Ach so: Wer der geheimnisvolle Auftraggeber ist, wird hier nicht verraten.
Der Roman direkt beim Verlag.
Matt Ruff: 88 Namen
Fischer Tor
2020
Übersetzung: Alexandra Jordan
336 Seiten, Taschenbuch