12. Oktober 2022 - Sammlung Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Verlassene Orte findet jeder toll. „Verlassene Werke“ von Bernd Wagner sind nicht minder interessant. In seinem Fall sind es Werke, die zusätzlich zur eigenen Verlassenheit auch von einem zurückgelassenen Land handeln.
Steine an der Küste
Bernd Wagner vergleicht seine verlassenen Werke mit den Steinen am Meeresstrand. Sie sind unerlöst, wie Geister, erweckt aus der Anonymität und dennoch keiner Bekanntheit zugeführt.
Das ändert Wagner mit dem Buch „Verlassene Werke“. Zum Vorschein, und damit zur eigenen Erlösung, kommen vornehmlich kurze Prosawerke, Notizen, Tagebucheinträge gleich. Und sie alle spielen zur Zeit der DDR.
Individuelles und allgemeines Zeugnis
Auf diese Weise entfalten die Werke eine innere und äußere Verlassenheit. Die innere Verlassenheit gehört dem Autor selbst; es sind seine Erinnerungen, Eindrücke und Gedanken, die er uns auf diese literarische Weise mitteilt.
Nun, zugleich werden sie zu einem allgemeinen Zeitzeugnis. Für jene, die einen eigenen Bezug dazu herstellen können, weil sie ähnlich aufgewachsen sind. Für jene, die es aus den Berichten der Älteren hörten. Für jene, die es neu ist aber die Interesse daran haben.
Zurückgeworfen und Ausgegraben
Vielleicht ist das ihr Geheimnis: Jedes einzelne Werke war zurückgeworfen worden, weil sie nicht richtig waren, nicht passten. In ihrer Gesamtheit aber bilden sie ein literarisches homogenes Bild einer besonderen Zeit ab.
Ergänzt werden die verlassenen Werke durch neuzeitliche Anmerkungen dazu, die helfen, die ergänzen, die erklären und wichtig sind. Wer sich auf eine besonders intime Art und Weise mit der Verlassenheit beschäftigen möchte, kommt um dieses Werk nicht herum. Und wer weiß, vielleicht kommt man mit der Inspiration dieses Buches der eigenen Verlassenheit auf die Spur.
Bernd Wagner: Verlassene Werke
Faber & Faber 2022