15. März 2022 - Roman Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Matteo fällt aus der Rolle. Grund genug, über das Leben, Zofia und Vera nachzudenken. Wo geht so etwas besser als in Lerone in Süditalien?
Gesprächiger Balkon
Matteo ist außerhalb der Bühne nicht sehr gesprächig. Sein kleiner Balkon in Lerone ist weitaus redseliger als der Schauspieler. Und versöhnlicher, denn darum geht es auch.
Matteos Lebenspartnerin Zofia ist tot. Der Krebs hat sie ihm genommen. Obgleich sie ihm nie gehört hat. Als Matteo auf der Bühne als König Lear einen Aussetzer hat, zieht er sich und seine Gedanken nach Süditalien, genauer nach Lerone, zurück.
Vera und Zofia
Vielleicht hat der Krebs ihm Zofia genommen; doch sie ist nicht aus seinem Leben und schon gar nicht aus seinen Gedanken. Er glaubt sie zu sehen, zu sprechen, zu hören.
Das ändert sich auch nicht, als er Vera begegnet. Zofia und Vera: Kann das gut gehen? Die Leserin und der Leser ahnt die Antwort noch vor dem Ende des Buches. Doch eine Zufallsbegegnung ist Vera nicht. Wer kommt schon nach Lerone?
Zarte Melancholie
Wir kennen das: Ein einschneidendes Ereignis und schon beginnt man über das Leben zu grübeln. Besonders anfällig für ein solches Verhalten sind ältere Herrschaften; Gender und Altersdiskriminierung hin und her. Wo sinniert es sich am besten über das Dasein? Italien, Frankreich, Toskana, Provence: Hauptsache warm und einsam.
Was ist das Besondere an diesem Roman? Die Antwort ist einfach: Es ist die lyrische Sprache des Autors. Die macht selbst bei der zugegeben mauen Handlung einfach Spaß. Spielend übertrumpft sie das laue Thema und zaubert aus diesem Buch ein lesenswertes Kleinod. Was Sprache alles kann.
Das Buch ist direkt beim Verlag zu finden.
Jürg Beeler: Die Zartheit der Stühle
Dörlemann Verlag 2022