08. April 2023 - Roman Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Extreme Situationen entkleiden menschliche Gefühle. Niedergeschrieben auf eigene Weise hat so etwas Kenneth Moe in „Rastlos“.
Gleichsam finster
Kenneth Moe lässt den Gefühlen seines Ich-Protagonisten freien Lauf. Das füllt zwar nicht alle und auch nicht viele Seiten; doch in der Literatur darf es nur selten um Menge gehen.
Den Inhalt des Buches fasst Satz Eins treffend zusammen (das soll er ja auch): „Du fragst, ob ich über dich schreibe, und die kurze Antwort darauf lautet: ja“. Wir ahnen: Wenn es eine kurze Antwort gibt, wird es wohl auch eine längere geben.
Wenn die Literatur dem Leben in die Quere kommt
Dem Protagonisten wird es bei dieser langen Antwort „gleichsam finster“. Nicht jedoch Leserin und Leser, denn der Autor verzichtet auf jede Form von Selbstmitleid, in die zu geraten, oft ein natürlicher Impuls ist.
Stattdessen nehmen wir Teil an der Gedankenwelt des Protagonisten, die sich gleichsam angezogen von einem Magneten immer wieder um die Person dreht, die verlassen hat und um die Situation, die aus dem Verlassen werden folgte. Letztere ist nicht ohne Hoffnung auf Besserung wie hier zu entnehmen ist: „Wenn die Literatur dem Leben in die Quere kommt und das Leben der Literatur, muss man sie auf neuen Wegen wieder verbinden.“
Rastlose Gedanken
Angelehnt an Watzlawick könnte man beim Lesen des Buches ausrufen: „Man kann nicht nicht denken“. Gedanken, die zuweilen nur eine halbe Seite brauchen, manchmal bis zu eineinhalb Seiten. Wie gesagt: Menge ist hier fehl am Platz.
Auch ein Fingerzeig dafür, dass „Rastlos“ kein Ratgeber für Verlassene ist. Es ist vielmehr Literatur im doppelten Sinne: Literarisch geschrieben zeigt es die Literatur im Leben.
Kenneth Moe: Rastlos
Aus dem Norwegischen von Alexander Sitzmann
Residenz Verlag 2022