24. Juni 2021 - Roman Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Reden wir über Grau. Grau, so erfahren wir, ist eine unbunte Farbe. Da helfen auch Nuancen nicht weiter. In der Fotografie spricht man sogar von Halbtönen. Drei Schattierungen dieser unbunten Farbe hat sich Kristiane Kondrat in „Abstufung dreier Nuancen von Grau“ gewidmet.
Namenloses Ich
In diesem Roman sind wir weit entfernt von Harmonie, weit entfernt von Konsonanz. Die namenlose Ich-Erzählerin und Protagonistin bewegt sich in einer Wolke gefährlichen Graus. In dieser Wolke erblicken wir Angst, Disharmonie; es ist ein unfertiges, erschreckliches Grau.
Wenn wir unser Leben malen sollten und dabei ehrlich wären, müssten wir wohl häufiger die Farbe Grau verwenden, als wir uns selbst zugestehen. Wahrscheinlich. Und dennoch ist unser Grau nicht Kondrats Grau. Es gibt ein langweiliges Grau, hinter dem wir uns verstecken können. Oder ein ästhetisches Grau, das uns begeistert. Von diesen Nuancen der Farbe Grau handelt Kondrats Roman nicht.
Flucht als Motiv
Die innere und äußere Flucht ist in „Abstufung dreier Nuancen von Grau“ immanent. Als (farblicher) Kontrast tritt dazu immer wieder ein strahlendes Weiß auf. Eine Reinheit, eine Klarheit, eine Schönheit, die doch nur ein Traum sein kann.
Ist das Leben nicht Grau? Mal grauer als Grau und weiß- oder schwarzgrau? Die Protagonistin erlebt andere Grautöne als die des Alltags. Dass zu verstehen, bedarf den Kontext der Entstehung des Romans.
Ein Roman im Mantelfutter
Die rumänisch-stämmige Autorin durfte den Roman zu seiner Entstehungszeit (70-ziger Jahre des letzten Jahrhunderts) in ihrer Heimat nicht veröffentlichen. Erst 1997 erschien der Roman. Da lebte Kondrat längst in Deutschland. Teile des Buches überquerten die Grenze eingenäht in einem Mantel.
Dies hat die poetische, atmosphärisch dichte Sprache noch verstärkt, scheint es. Obgleich der Roman über einen Zeitraum von Jahrzehnten geschrieben wurde, verliert er weder an Aktualität noch an Zusammenhalt. Seine Sprache enthält teilweise neue Wortschöpfungen und klingt in anderen Bereichen surreal.
Gefährliches Grau
Kristiane Kondrat schreibt mit „Abstufungen dreier Nuancen von Grau“ einen ungewöhnlichen Roman, der von seiner poetischen und dichten Sprache lebt. Die Spannungen, Ängste, Sorgen und Zwänge in ihm gehen unter die Haut. Außergewöhnlich.
Den Roman gibt es hier direkt beim Verlag oder in jeder guten Buchhandlung.
Kristiane Kondrat: Abstufungen dreier Nuancen von Grau
danube books Verlag 2019
160 Seiten, Hardcover