04. Mai 2023 - Roman Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)
Yade Yasemine Önder schreibt über Satzzeichen hinweg in „Wir wissen, wir können und fallen synchron“. Direkt, kurz, keinesfalls chronologisch – wie ein Schrei.
Wiesengeburt und Wiesentod
Yade Yasemine Önder lässt ihre Ich-Erzählerin durchgehend erzählen. Die Handlung springt, auch weil die Autorin nicht chronologisch erzählen lässt. Die Ich-Erzählerin wird auf einer Wiese geboren – auf einer Wiese stirbt ihr Vater.
Es steckt immer mehr hinter den Sätzen und Worten. Auf eine positive Weise ist der Erzählstil krank, abnormal wie es die Ich-Erzählerin in den Augen vieler sein mag. Dabei wird schnell deutlich, dass sie nach Aufmerksamkeit giert. Kompensation für den tatsächlichen Verlust des Vaters und den allmählichen der Mutter.
Über die Satzzeichen hinweg
Önder erzählt fließend, über die Satzzeichen hinweg, in kurzen und längeren Kapiteln, niemals chronologisch. Und immer wieder dreht sich alles um Essen. Nahrung, die nicht mehr die Funktion von Nahrung hat, in allen Variationen, in Geräuschen, Farben, Gerüchen, Gefühlen.
Und es geht um Vertuschen, Verbergen. Können die Nachbarn mithören? Wie lassen sich die Geräusche des Übergebens übertönen und damit das Bild einer „heilen“ Welt aufrechthalten.
Abstand
Die Ich-Erzählerin will alles sein: stark und schwach zugleich, vor allem aber unnahbar. Sie schafft Abstand, so wie sie erzählt und genau so soll es sein. Es ist ein Reiz dieses Buches, dass es bewusst nichts weich zeichnet.
Das wird nicht jedem gefallen. Doch darum geht es bei „Wir wissen, wir können und fallen synchron“ auf keiner Seite.
Yade Yasemine Önder. Wir wissen, wir können und fallen synchron
Kiepenheuer & Witsch 2022