Jan Koneffke: Die Tsantsa-Memoiren

20. Juli 2021 - Roman Rezension (Werbung Rezensionsexemplar)

Juristen beschäftigen sich seit Jahren mit der Frage, ob ein Tsantsa, also ein Schrumpfkopf, ein historisches Kunstobjekt oder ein menschliches Leichenteil ist. Jan Koneffke beantwortet dieses Problem in seinem Roman „Die Tsantsa-Memoiren“ auf eigene, höchst skurril-komische Weise.

 

Wenn ein Schrumpfkopf zu sprechen beginnt

 

Die Literatur hat höchst sonderbare Protagonisten hervorgebracht. Einen Tsantsa, den geschrumpften Kopf eines toten Menschen, meines Wissens noch nicht. Die Ehre, auf diesem Gebiet der Vorreiter zu sein, gebührt Jan Koneffke mit seinem Protagonisten in „Die Tsantsa-Memoiren“.

 

Dabei bietet so ein Schrumpfkopf gewisse Voraussetzungen, die ihn für die Rolle des Erzählers durchaus prädestinieren. In Peru und Ecuador soll es die Tradition des Schrumpfkopfens, des Anfertigens eines solchen aus den Häuptern getöteter Feinde, noch heute geben. Man begnügt sich dabei aus ethischen Gründen mit dem Kopf eines Faultieres als nächsten Verwandten unserer Art.

 

240 Jahre Weltgeschichte auf 560 Seiten

 

Unser Protagonist ist demnach nicht mehr ganz frisch. Er erwacht bereits im Jahr 1780 aus einer bis dahin mehr oder weniger konstatierten Leblosigkeit. Der Tsantsa ist nicht nur erweckt, sondern beginnt zu denken und erhält im Laufe der Jahre seine Sinne zurück.

 

Wenn es denn eine Besitzerin oder einen Besitzer für einen Schrumpfkopf geben kann oder darf, wechselt unser Protagonist die- oder denjenigen mehrmals. Schließlich kann ein Mensch was die Lebenszeit betrifft, es mit keinem Schrumpfkopf auch nur ansatzweise aufnehmen. Es sei denn, der Schrumpfkopf wird verbrannt. Dieser Gefahr kann unser Protagonist Anfang des 20. Jahrhunderts gerade so entkommen.

 

Im Übrigen erlebt der Tsantsa, und wir mit ihm, in 240 Jahren reichlich Weltgeschichte. Fast ein wenig viel, denn Platz ist in seinem Schädel Mangelware. Der Autor verteilt diese Zeit auf 560 Seiten und so stehen jedem Jahr durchschnittlich 2,33 Seiten zur Verfügung.

 

Der Schrumpfkopf scheint im früheren Leben einem lustigen Gesellen aufgesetzt gewesen zu sein. Jedenfalls ist der Erzählstil äußerst skurril und hochkomisch. Eine kurzweilige Unterhaltung ist Jan Koneffke mit „Die Tsantsa-Memoiren“ gelungen, die gleichwohl nicht an Seriosität entbehrt.

 

Hier finden Sie den Roman direkt beim Verlag.

 

Jan Koneffke: Die Tsantsa-Memoiren

Galiani Verlag 2020

 

560 Seiten


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